Karl Maria Herrligkoffer (1916 - 1991)

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Geboren am 13. Juni 1916 in Schweinfurt. Der Vater Rudolf Herrligkoffer war von Beruf Eisenbahnoberinspektor. Seine Mutter Therese, geborene Merkl, brachte einen Sohn mit in die Ehe: es ist Willy Merkl (geb. am 6. Oktober 1900), der 1934 durch seinen Tod am Nanga Parbat zum Mythos werden sollte. Für Karl Maria Herrligkoffer war es ein Schock, sein Halbbruder stellte ein Ideal für ihn dar. 1920 zog die Familie nach Traunstein. Willy Merkl wurde vom (Stief-)Vater nicht sonderlich gemocht und auch nicht adoptiert. Er wuchs praktisch bei der Oma auf. Karl lehnte sich immer wieder gegen den Vater auf, wurde sogar enterbt, als er sich gegen den Beruf des Försters entschied und stattdessen Arzt wurde. Er trat in den Alpenverein ein und fand dort Freunde. In Tante Maria, der Schwester des Vaters, fand er liebevolles Verständnis. 1935 begann er das Medizinstudium an der Uni München. 1940 beendete er sein Medizinstudium erfolgreich und wurde zunächst Assistenzarzt in München. 1943 wurde er zur Polizeikaserne in Berlin eingezogen, muss jedoch wegen eines Herzmuskelschadens nicht an die Kriegsfront. Ab 1946 arbeitete er als praktischer Arzt, ab 1948 in eigener Praxis in München.

1953 organisierte Herrligkoffer seine erste Expedition zum Nanga Parbat, die durch Hermann Buhl die Erstbesteigung des Nanga Parbat bringt. Neunzehn Expeditionen werden es bis 1986 unter seiner Leitung sein und sogar in seinem letzten Lebensjahr „muss“ er noch einmal dahin. Mag er „umstritten, siegreich und besessen“ gewesen sein, gab er dennoch vielen jungen und unbekannten Bergsteigern eine Chance. Über 200 Bergsteiger waren mit ihm unterwegs und haben die ganz großen Berge der Welt durch ihn besteigen können. Am 9. September 1991 stirbt der große Mann des Himalaya.

Website: http://www.herrligkoffer-stiftung.de

Herrligkoffers Expeditionen:

1953 Herrligkoffer führt ein starkes Team im Rahmen der Willy Merkl-Gedächtnisexpedition zum Nanga Parbat.
1954 Expedition zum Broad Peak. Hermann Buhl wurde nicht eingeladen. Diesem gelang dann 1957 die Erstbesteigung des Berges. Stattdessen gehen mit Herrligkoffer Albert Bitterling (stellvetr. Exp.-Leiter), Hermann Köllensperger, Kuno Rainer, Michl Anderl, Joachim Fischer (Exp.-Arzt), Günther Hauser, Wilhelm Kick, Gerhard Klammet, Sepp Maag, Rudl Marek, Toni Messner, Kuno Rainer und Ernst Senn. Als Verbindungsoffizier ist Captain Aleem mit am Berg.
1961 Diamir-Expedition. Mit dabei sind Siegi Löw, Jörg Lehne (beide gehören zu den Erstdurchsteigern der Große Zinne-Nordwand von 1958), Harry Rost, Toni Kinshofer, Rudl Marek (stellvertr. Exp.Leiter), Michl Anderl, Toni Messner, Gerhard Wagner und Ludwig Delp (Hauptlagerverwalter).
1962 Dritte Expedition zum Nanga Parbat. Es gelingt die Zweitbesteigung des Berges, über die Diamirseite.
1963 kleine Erkundungsexpedition zur Rupalflanke: Toni Kinshofer, Gerhard Haller und Klaus Scheck begleiten Herrligkoffer und sollen die Gangbarkeit der Rupalwand auskundschaften. Der Rupal Peak (5595m), der von Kinshofer und Haller erstmalig erstiegen wird, bietet einmalige Einblicke in die riesige Wand, in der Kinshofer Möglichkeiten des Durchstiegs ausmachen kann.
1964 die erste Kundfahrt zur Rupalseite des Nanga Parbat.
1966 Grönland-Expedition in die Stauningsalpen. 34 Berge können erstmals bestiegen werden, zwei weitere zum zweiten Mal. Mitglieder der Gruppe sind u.a. Michl Anderl, Inge Rost, Gebhard Plangger, Sepp Anzenberger, Günter Schnaidt, Konny Lindner und Pit Schubert.
1968 Toni Kinshofer-Gedächtnisexpedition.
1970 Siegi-Löw-Gedächtnisexpedition zum Nanga Parbat. Erste Durchsteigung der Rupalflanke durch Günther und Reinhold Messner, am Folgetag durch Peter Scholz und Felix Kuen. Die Messner-Brüder sehen sich gezwungen, über die Diamirseite abzusteigen und überschreiten den Berg somit unfreiwillig. Am Wandfuß kommt Günther Messner in einer Eislawine ums Leben. Reinhold Messner kann sich mit letzten Kräften zu den ersten Menschen retten.
1971 die Jörg Lehne-Gedächtnisexpedition zum Rakaposhi-Nordgrat.
1972 erste europäische Expedition zum Mount Everest. Das starke Team, mit dabei sind Doug Scott und Don Whillans, scheitert bei seinem Versuch der Erstdurchsteigung der Südwestwand, auf etwa 8300 Meter.
1973 Peter Scholz-Gedächtnisexpedition zum Rakaposhi-Nordgrat.
1974 Grönland-Expedition.
1975 die Felix Kuen-Gedächtnisexpedition zum Nanga Parbat.
1976 Karl Golikow-Gedächtnisexpedition zum Nanga Parbat. Herrligkoffer ist selbst nicht am Berg und macht die Polin Wanda Rutkiewicz sowie Matthias Gradnitzer zu den Leitern der Expedition. Parallel zur Nanga Parbat-Expedition ist ein weiteres Team in Grönland unterwegs, doch wegen Geldknappheit werden statt der anvisierten Watkinsbjerge ein weiteres Mal die Stauningsalpen angesteuert, wo man sich mit Zweitbesteigungen begnügen muss.
1977 Grönland-Expedition zu den Watkinsbergen.
1978 Nachdem die lohnenden Ziele am Everest aus Herrligkoffers Sicht bereits erreicht sind (Erstbesteigung der SW-Wand, Erstbesteigung ohne Flaschensauerstoff, erste deutsche Besteigung), geht er gemeinsam mit Pierre Mazeaud im Rahmen der deutsch-französische Expedition nochmals an den Everest.
1980 Expedition zum Kantschendzönga. Mitglieder sind neben Leiter Herrligkoffer Michl Anderl (stellvertr. Leiter), Raimund Bitterling, Roland Descloux, Giri Göbl, Vera Grüneis, Franz Oppurg, Hansueli Marti, Georg Ritter, Sepp Stiller, Marianne und Sepp Walter, Heinz Sembsch und, für das Hauptlager, Renate Lau und Doris Kustermann. Außerdem lädt Herrligkoffer die drei Polinnen Anna Czerwinska, Krystyna Palmowska und die Ärztin Yolanda Maciouch ein.
1981

Expedition zum Nanga Parbat: das ursprüngliche Ziel, der Ostpfeiler, muss wegen zuviel Neuschnee fallen gelassen werden. Man wendet sich dem Toni-Kinshofer-Weg zu (1976 im Rahmen einer Expedition unter der Leitung von Hans Schell erstbegangen; nicht zu verwechseln mit der Kinshofer-Route in der Diamirflanke von 1962).

1982 Jubiläumsexpedition (anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der ersten deutschen Expedition zum Nanga Parbat) zum Ostpfeiler des Nanga Parbat.
1986

Herrligkoffers letzte Reise zu den Achttausendern zu Broad Peak und K2. Den Polen Jerzy Kukuczka und Tadeusz Piotrowski gelingt hierbei die erste Durchsteigung der schweren K2-Südwand. Piotrowski stürzt beim Abstieg zu Tode.

1988 Bayrisch-Österreichische Nanga Parbat-Expedition. Herrligkoffer selbst ist nicht mehr mit am Berg. Die Leitung ist Heini Koch, den Weg sollen die Mummery-Rippen vorgeben. Peter Wörgötter, Hans Hirschbichler und Oswald Gassler sind die weiteren Mitglieder. Gassler schafft schließlich den Gipfelaufstieg.
1989 der geplante "Großangriff" von Herrligkoffer auf den Nanga Parbat schrumpft auf ein 4-Mann-Team: Diego Wellig, Philipp Zehnder, Peter Schwitter und Ekkehard Gundelach. Letzterer wird Leiter der Gruppe, da Herrligkoffer das Team nicht begleiten kann. Nur Gundelach hält durch, schliesst sich schließlich einer pakistanischen Expedition an und erreicht am 13. Juli mit zwei Pakistanis den Gipfel.
1990 Herrligkoffer möchte noch einmal an "seinen" Berg, muss während der Anreise zum Basecamp die Leitung aus seinen Händen geben. Sepp Walter leitet die "Deutsche Diamir-Expedition": eine Ski-Expedition, die über den Diama-Gletscher zum Gipfel möchte. Zu den deutschen Teilnehmern gehört u.a. Frau Marianne Walter, daneben nehmen auch die Polen Jacek Fluder und Mariusz Kups sowie der Jugoslawe Uros Rupar an der Expedition teil. Doch auch die hartgesottenen Polen müssen schließlich aufgeben, der Gipfelerfolg bleibt aus.
1991 Wenige Wochen vor seinem Tod kann Herrligkoffer ein letztes Mal Bergsteiger zum Nanga Parbat schicken: Peter Wörgötter leitet das Team, dem auch Peter Bogensperger, Fritz Hörhager, Herbert Rainer und Max Schneider angehören. Joachim Zeitz ist wieder Expeditionsarzt. Rainer erreicht mit 7400 Metern die höchste Höhe der Expedition.

Bücher:

Reinhold Messner & Horst Höfler: Karl Maria Herrligkoffer - "Besessen, sieghaft, umstritten". 296 Seiten, AS-Verlag 2001, ISBN: 3-905111-65-9. Preis: € 26,80

Sehr ordentlich recherchierte Biographie Herrligkoffers mit Beschreibungen aller seiner Expeditionen. Leider merkt man aber, dass die Texte auch von Messner beeinflusst sind und sich nicht immer objektiv darstellen.

Die von Herrligkoffer selbst publizierten Werke sind allesamt antiquarisch und nicht mehr im Buchhandelt erhältlich. Man möge in Antiquariaten (z.B. über www.zvab.com) suchen.







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