18. Röntgenlauf am 28. Oktober 2018

Vorgeschichte:

Seit über einem Jahr habe ich mich auf diesen Lauf gefreut: der Röntgenlauf 2018. Ultradistanz: 63,3 km – 1,5 Marathons, gewürzt mit über 1000 Aufstiegsmetern. Ein echter Brocken. Doch nach einigen Marathons brauchte ich eine neue Herausforderung. Und Frank Pachura war mit seinem Röntgenvideo nicht ganz unschuldig, dass es dieser Lauf wurde. 2017 war ich auch schon angemeldet, doch im allerletzten Moment machte Sturmtief Herwart meine Pläne zunichte. Nichts mit Röntgenlauf. Die Enttäuschung war riesengroß: monatelanges Training mit zig langen Läufen für was? Der Kevelaer-Marathon im Januar 2018 war da nur ein kleiner Ersatz.

Kaum war die Anmeldung für den Röntgenlauf 2018 offen, hatte ich mich angemeldet und mir die Startnummer 6003 gesichert. Das motivierte. Zudem war ich für den 6-Std.-Lauf in Remscheid im Juni 2018 gemeldet: hier sollte die 50 km-Marke geknackt werden. Ich wollte vor dem Röntgenlauf wissen, wie sich das Laufen jenseits der Marathonmarke anfühlt. Und dann? Dann verlor mein Autoreifen auf der Anfahrt zum Wettkampf Luft. Das darf doch alles nicht wahr sein!!! So eine Sch… Ich habe am Steuer geflucht und bin vernünftig geblieben: runter von der Autobahn, Tanke, Luft aufgefüllt, zurück nach Hause, ab in die Werkstatt, danach war es natürlich zu spät für den Start. Ob an dem heißen Sommertag mit weit über 30°C fünfzig Kilometer möglich gewesen wären? Weiß ich nicht… Stattdessen das Positive gesehen: keine Regeneration nötig, direkt wieder ins Training eingestiegen und die lange Läufe wieder gesteigert. Trotz des Hitzesommers 20108 brav die nötigen Kilometer abgespult und im Herbst das Training mit zwei Marathons im Abstand von einer Woche abgeschlossen. Drei Wochen Tapering mit 50 km, 45 km und 12 km – fertig.

Die Route entlang des Röntgenweges...



... und das Profil laut meiner GPS-Messung. Vergrößerung (wie bei allen Bildern) bei Klick.

 

Sonntag, der 28. Oktober 2018: Top

Am Morgen des 28. Oktober dann trotz Nervosität und dank Zeitumstellung gut ausgeruht um 5:30 Uhr aufgestanden, gefrühstückt, die schon bereitliegenden Sachen gepackt und gegen 6:20 Uhr mit dem Auto los. Auf recht leeren Straßen nach Remscheid und mit dem Shuttlebus zum Start. Dort hatte ich Zeit, mich bei frischen 4°C in der Messehalle umzuschauen und ein paar Röntgen-Andenken zu kaufen. Ich treffe noch Marathon-Urgestein Gerd Junker vom „Marathon Club 100“, der inzwischen über 500 MaraUltras gelaufen ist. Heute läuft er nur den Marathon, sagt mit einem Lächeln und wünscht mir viel Spaß. Erst kurz vor dem Start bin ich dann raus in die Herbstkälte und an die Startlinie, wo sehr pünktlich um 8:30 Uhr der Startschuss zum 18. Röntgenlauf fällt.

Die Läufer warten noch im Warmen auf den Start.

Der Startschuss ist erfolgt und ...

... um 8:30 Uhr passiere ich das "Röntgen-Tor".

Ein Röntgenlauf-Teilnehmer mit seinen Teilnehmer-Shirts...

Das Röntgenmuseum am Ende der Altstadtschleife

Im Englischen heißen die Röntgenstrahlen immer noch X-Rays.

Zuerst geht es in einer kleinen Schleife durch den hübschen Altstadtkern von Remscheid-Lennep, wo ich einen Blick auf das Geburtshaus von Wilhelm Conrad Röntgen werfen kann, der 1845 hier geboren wurde (und 1901 als erster Physiker überhaupt den Physik-Nobelpreis erhält). Unweit das Röntgen-Museum, in dem man sich ausführlich über die X-Strahlen, wie sie Röntgen selbst nannte (und im englischsprachigen Raum ja auch immer noch genannt werden) informieren kann. Bei etwa km 5,5 verlasse ich die Ortschaft und kann schöne Blicke ins umliegende Hügelland werfen. Der Lauf macht im Übrigen der Tatsache, dass er im Bergischen Land stattfindet, von Beginn an alle Ehre: es geht permanent rauf und runter, wo, das weiß ich, im ersten Abschnitt die bergab-Meter überwiegen werden. Doch das Wetter ist prima, besser als vorhergesagt: die Sonne kommt immer wieder mal durch, dazu die kühle Luft, der laubbedeckte Boden trocken – an sich soweit perfekt. Steilere Aufstiegsmeter laufe ich nicht, sondern gehe zügig bergan: das ist deutlich kräftesparender und nur wenig langsamer.

Power-Point am Ortsausgang, nun geht´s ins Grüne.

Das klingt doch richtig gut!

Die Prosecco-Bar ist schon Kult beim Röntgenlauf.

Gibt keine Kraft, macht aber Laune ;-)

In Clemenshammer ist der erste Halbmarathon geschafft.

Steiler Anstieg zu Beginn des zweiten Halbmarathons.

Den steilen Anstieg vor km 18 steigen wir in einer langen Schlange bergauf, was oben wartet weiß jeder: die berühmte Prosecco-Bar: ein Schlückchen Sekt für jeden. Darauf hatte ich mich schon gefreut, der „Verpflegungs-Stand“ ist Kult. Durch idyllische Wälder geht’s weiter, bis ich nach 2:20 Std. das Halbmarathonziel am Clemenshammer erreiche. Gute Stimmung hier, doch es geht natürlich sofort weiter. An der nächsten Verpflegungsstation gibt es zu meiner Überraschung leckere Schmalz-Schnittchen. Jetzt stellt man sich also allmählich auf die Bedürfnisse der Ultradistanz-Aspiranten ein, lecker.

An einem steilen Anstieg ist wieder Wanderschritt angesagt und ich steige hinter Dietmar her, mit dem ich bald ins Gespräch komme. Ein sehr angenehmer Typ, ebenfalls gebürtig aus Mönchengladbach, mit dem ich mich über viele Kilometer angeregt unterhalte. So verfliegt die zweite Hälfte wie im Flug und gemeinsam passieren wir kurz vor km 30 die Müngstener Brücke, die immer noch höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands.

Bei km 33 haben wir den beinahe südlichsten Punkt der Runde um Remscheid erreicht und können einen schönen Blick auf Schloss Burg werfen. Durch die kühle Luft der Remscheider Herbstwälder laufen wir, deutlich langsamer als im ersten Halbmarathon-Abschnitt, dem Freibad Eschbachtal entgegen, wo sich unsere Wege trennen: Dietmar ist im Ziel und für mich steht fest, dass es „noch etwas mehr sein“ darf. Kurz hinter dem Marathonziel nochmal eine Verpflegung, dann geht es auf die letzten 21,1 km. Ab hier ist jeder Kilometer Neuland. Und bis hier war es der bereits mit etwa 5:10 Std. härteste Marathon.

Blick zur Müngstener Brücke, die gerade überholt wird.

Der zweite Halbmarathon ist bald geschafft.

Herbstidylle an der Eschbachtalsparre. .

Kurz hinter dem Freibad, bei etwa km 44 passieren wir die Eschbachtalsperre, Deutschlands älteste Trinkwasser-Talsperre. Ein schönes Bild auf den See mit den dahinter liegenden Herbstwäldern. Das wäre also meine Runde beim 6-Stunden-Lauf im Juni gewesen: sechs Stunden in 3 km-Runden um den See, jeder wie weit ihn die Füße tragen. 2019… Angemeldet bin ich!

Kurz hinter km 47 eine weitere Verpflegungsstelle, dann geht es kilometerlang ganz seicht, kaum zu merken, bergab. Eine Wohltat! Doch mein linker Oberschenkel meldet sich mit einem Krampf. Scheiße, nicht jetzt! Ich muss stehen bleiben, zum Glück kann mir ein Läufer, der mich alsbald erreicht, mit zwei Magnesiumtabletten aushelfen. Ich lasse die kleinen Dinger im Mund zergehen und der Krampf verabschiedet sich allmählich. Ob nun durchs Magnesium oder nicht, es geht wieder. An der nächsten Verpflegung bei km 53,5 gibt’s neben dem „Üblichen“ ein paar Stücke Currywurst und ein halbes Glas Bier. Für die Seele! Hier bin ich dem Ziel näher als dem zurückliegenden Zwischenziel bei km 42,2. Jetzt sollte mich nichts mehr aufhalten. Trotzdem: meine km-Splits liegen in der Regel über 8 min., so dass ich in einer halben Stunde nicht mal vier Kilometer schaffe. Heftig! So wird die Reststrecke im Kopf noch länger.

Den Rücken merke ich nun auch immer mehr, das ist auch der Oberkörper nicht gewöhnt. Rechtzeitig vor dem nächsten Ultra, das nehme ich mir vor, gibt’s regelmäßiges Stabi-Training. Und Magnesiumtabletten habe ich dann auch dabei. Wie sagt Extrembergsteiger Jost Kobusch: „In den harten Quests bekommst du die meisten Erfahrungspunkte.“ Wie Recht er hat!

Nächsten Sommer drehe ich hier meine Runden...

km 45 auf dem Röntgenweg.

Lang ersehntes Schild mit der "6" vorne.

ZIELTOR auf dem Sportgelände Hackenberg!!!

Es ist vollbracht - Daumen hoch!

Nummer, Urkunde, Medaille. Das Funktions-Shirt darf ich mit Stolz tragen.

Bei km 56,5 erreiche ich die Wuppertalsperre, wo ich mit einem schönen Blick auf die Talsperre einige Kilometer flach laufen kann. Eine letzte Verpflegung kurz vor km 60 mit aufmunternden Worten, nochmals einem kleinen Bierchen, Lob für das bislang Geschaffte – Worte können so motivieren!

Wenig später tatsächlich das so lang ersehnte km 60-Schild – geil! Sieht cool aus, bislang war ich immer froh, wenn eine „40“ auf einem Kilometerschild zu sehen war. An der Talsperre entlang geht es nochmals rauf und dann endlich auf´s Sportgelände Hackenberg. Vor der letzten Kurve sehe ich schon das Zieltor, dann direkt vor mir. Die Zuschauer, die ausgeharrt haben, klatschen, der Sprecher am Mikro begrüßt mich. Zieldurchlauf, die so harte erkämpfte Medaille, ein alkoholfreies Bier. Nicht zu fassen, nach 08:06:10 Stunden habe ich die 63,3 km hinter mich gebracht. Meine Beine können nicht mehr und so humple ich langsam in die Meldehalle, wo noch eine Tasche von mir lagert. Bei den Massagebänken ist gerade wenig los, so lasse ich spontan meine Beine durchkneten. Vielleicht hilft´s ja. Dann umziehen, Dusche gibt´s daheim und ganz langsam zum Shuttlebus: ein beheizter Sitzplatz, herrlich! Der Bus bringt uns in wenigen Minuten zurück zum Parkplatz, wo nicht mehr allzu viele Autos stehen. Ich verstaue die Sachen und fahre glücklich und total platt heimwärts.

Meine km-Splits. Die beiden langsamsten Kilometer (53 und 60) waren jene Abschnitte, wo es ein Bierchen an der Verpflegung gab ;-)

 

Link zum youtube-Video

Fazit:
Ein landschaftlich (viel Grün, Wiesen, Wald) sehr schöner Lauf, total tolle und nette Streckenposten, sehr gute Orga - es wird nicht mein letzter Röntgenlauf gewesen sein. Und mit 10km, HM, Marathon, Ultra und diversen Staffeln ist für jeden Sportler was dabei. In Zahlen: 63,3 km mit 1120 Hm Aufstieg laut GPS. Meine Durchschnittspace: 7:47 min./km.

Finisher 2018: (ich habe im Männerfeld Platz 196 von 242 Männern belegt, im Gesamtfeld den 247. Platz von 308 Finishern).

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