das bergfieber-Interview mit ... Ludwig Greissl
Erstbesteiger der Gangapurna & Honorargeneralkonsul für Nepal


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Bild: Ludwig Greissl auf dem Gipfel des Kun (c) Ludwig Greissl, mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Homorargeneralkonsul L. Greissl.

1. 1960 waren Sie mit einer deutsch-amerikanischen Expedition am K2: wie kam diese deutsch-amerikanische Kooperation zustande?

"Im Jahr 1959 führte ich mit Freunden eine Kundfahrt in das Elburs-Gebirge Nordirans durch, das von Bergsteigern damals kaum oder gar nicht besucht worden war. Das Ergebnis der sauber durchgeführten Tour mit wahrscheinlich Erstbesteigungen und genauen Beschreibungen machte uns beim DAV bekannt. Ein Amerikaner, Major Bill Hackett, wandte sich an diesen mit der Bitte um Unterstützung. Hackett plante eine Expedition zum K2, doch aus welchen Gründen auch immer, sagten vorgesehene Schweizer Bergsteiger ihre Teilnahme kurzfristig ab. Hakett erhielt meine Adresse. So kam es zu einem Kontakt. Mit mir sagten Herbert Wünsche, Günter Jahr und Dr. Deubzer als Arzt die Teilnahme zu."

2. 1965 waren Sie an der Gangapurna: der Aufstieg gestaltete sich nicht als einfach, doch dann gelang am 6. bzw. 8. Mai 1965 die Erstbesteigung des 7455 m hohen Gipfels. Alle Teammitglieder standen auf dem höchsten Punkt!
War das für Sie der alpine Lebenshöhepunkt oder welche Expedition bzw. welche Tour wurde hierzu?

"Die Erstbesteigung der Gangapurna war sicher einer der Höhepunkte. Es ist schwierig, aus der Zahl bergsteigerischer Aktivitäten nicht nur im Himalaya einen Höhepunkt zu nennen. lch würde sagen, dass die Expedition zum K2, auch wenn der Gipfel nicht erreicht wurde, eines der größten Erlebnisse für mich gewesen ist."

3. Der erfolgreiche Erstaufstieg zum Annapurna-Mittelgipfel 1980 forderte einen hohen persönlichen Preis: die Amputation Ihrer Zehen. Haben Sie in der Folge je den Aufstieg aus diesem Grund bereut?

"Die erlittenen Erfrierungen in der Nordflanke der Annapurna wären vermeidbar gewesen, hätte ich meine während Jahrzehnten gemachten Erfahrungen in den Bergen bedacht. Warum ich meinen Kopf, so wie in der Vergangenheit stets, nicht einschaltete, bleibt für mich unerklärlich. Wir hätten am 03.10.1980 nicht losgehen dürfen, weil wir für rund 1000 Meter Höhe Anstieg aus verschiedenen Gründen viel zu spät waren. Ein Tag mehr im Lager und ein Start anderntags dann wesentlich früher, wäre richtig gewesen. Außerdem blieben meine für die Gipfelbesteigung vorgesehenen Triplex-Bergschuhe in einem unteren Lager. Von da kam seit Tagen kein Mitglied der Mannschaft nach oben, wie es eigentlich der Plan war. Doch Reue empfinde ich nicht, zumal mir die erlittenen Erfrierungen bis heute keine wirklich großen Probleme bereiten."

4. Zu Zeiten Ihrer Himalaya-Expeditionen leiteten Sie eine Firma. Was war der Tätigkeitsschwerpunkt dieser Firma?

"Die Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma Lumiflex, heute Leuze, konzentrierte sich, zusammen mit meiner Belegschaft, auf die Entwicklung, Fertigung und Vertrieb von optoelektronischen Geräten für den Arbeitsschutz. Kurz gesagt: Unsere Geräte schützen den an gefährlichen Maschinen und Vorrichtungen arbeitenden Menschen vor einem Unfall, vorzugsweise in allen Bereichen der lndustrie."

5. Wie kam es, dass Sie seit 1983 bis heute als Honorar(general)konsul für Nepal in Bayern das „Himalaya-Land“ vertreten?

"Für die Beantwortung dieser Frage möchte ich weiter ausholen, weil die Begleitumstände der Errichtung eines Honorarkonsulats in München sicher einmalig sind. ln einer Sturmnacht im Lager 2 an der Gangapurna teilte ich mein Zelt mit Freund Günter Hauser, der damals Geschäftsführer des Afrika-Vereins in Hamburg war. Wir konnten wegen der flatternden Zeltwände nicht schlafen und sprachen ausführlich über berufliche Themen. Günter Hauser war in Hamburg nicht mehr so richtig zufrieden und dachte daran, wieder nach Süddeutschland zurück zu kommen, was als Bergsteiger aus dem schönen Pforzheim nur logisch war. lch war zu dieser Zeit Jugendreferent des Deutschen Alpenvereins und wusste, dass der damalige Geschäftsführer des DAV kurz vor der Pensionierung stand.
Ein Nachfolger wurde gesucht. So entstand unser Plan, Günter Hauser zum DAV zu bringen. Ich wollte mich in Rahmen meiner Möglichkeiten als Mitglied des Verwaltungsrates dafür einsetzen. So weit, so gut. Der Plan war in unseren Köpfen fixiert. Zurück vom Gipfel der Gangapurna erhielten wir im Basislager den Besuch des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland, Dr, Loer, der ein sehr sportlicher und aktiver Diplomat war. So konnte er den anstrengenden Anmarsch zu uns sehr gut bewältigen. Während unserer Gespräche entstand ein weiterer Plan, nämlich der, in München ein Konsulat für Nepal zu errichten. Wenn beide PIäne gelängen, Günter Hauser als Geschäftsführer des DAV und ihn zugleich als neuen Honorarkonsul mit dem Sitz des Konsulats im Alpenvereinshaus zu etablieren, hätten unsere Überlegungen den gewünschten Erfolg. Es gelang!
Doch Günter Hauser schied aus verschiedenen Gründen in seiner Zeit als noch nicht ernannter, aber designierter Geschäftsführer des DAV wieder aus, ohne einige in die Zukunft führende Projekte zu hinterlassen. Es erfolgte die Gründung der Hauser Exkursionen, anfänglich mit dem Schwerpunt für Trekkingreisen nach Nepal, später weltweit. Das Konsulat wurde am Sitz der Firma neu errichtet. Es folgten Jahre unserer weiteren, engen Zusammenarbeit, auch als sein Reiseführer für Pionierreisen zu
verschiedenen Zielen. Leider verstarb Günter Hauser 1982 am Osorno, einem Fünftausender in Südamerika, der für eine Tour seiner Hauser Exkursionen vorgesehen war. Das nepalische Außenministerium und die Botschaft Nepals wussten von der engen Freundschaft zwischen uns beiden und boten an, das Konsulat auf mich zu übertragen. Das geschah in 1983 und besteht bis heute, im Laufe der Jahre höher gestuft als Honorargeneralkonsulat.
lch wollte Ihnen für die Beantwortung dieser Frage nicht einfach schreiben, dass ich als Nachfolger Günter Hausers etabliert wurde, sondern die meiner Meinung nach spannende Entstehungsgeschichte schildern, die sicher in der Reihe der vielen Honorarkonsulate, allein in Bayern über 70, nicht alltäglich ist."

6. Worin liegt für Sie der Reiz dieser Arbeit?

"Der Reiz der Arbeit besteht z.B. darin, mit Beiträgen für den ,,sanften" Tourismus nach Nepalzu werben, Verbindungen zu den zahlreichen NGO's (nichtstaatlichen Organisationen) zu pflegen und zu unterhatten, den Verein Himalayan Pariwar e.V. mit Mitgliedern einiger hier ansässigen nepalischer Familien zu unterstützen und kulturelle Veranstaltungen von Zeit zu Zeit zu organisieren. Bis vor wenigen Jahren organisierte ich auch die Teilnahme nepalischer Firmen an verschiedenen Ausstellungen, wie unter anderen der lnternationalen Handwerksmesse oder der Heim und Handwerk hier in München. Bei der Ausstellung von Visen für Besucher des Landes ergeben sich immer wieder nützliche Gespräche, Anregungen und vor allem auch persönliche Begegnungen mit Gleichgesinnten."

7. Viele Bergsteiger hatten in Ihrem Bergsteigerleben ein Schlüsselerlebnis, eine Tour, die das weitere (alpine) Leben prägte. Gibt es eine solche Tour bei Ihnen? Wenn ja, welche?

"Schlüsselerlebnisse waren für mich natürlich die Expeditionen und Kundfahrten nicht nur in den Himalaya, aber auch auf die Gipfel vieler Viertausender in unseren Ost- und Westalpen. Eine Tour herauszustellen ist mir schwer möglich, vielleicht die zum K2 oder die Überschreitung der Grand Jorasses in der Mont Blanc Gruppe."

8. Sie haben bestimmt noch Ideen, Ziele und Projekte im Kopf. Verraten Sie etwas?

"Die bergsteigerischen Aktivitäten sind inzwischen, altersbedingt, wenig geworden. Auch der Beruf hat mich im Lauf der Jahre immer mehr beansprucht. So blieben diesbezügliche, weitere Pläne unerfüllt. Doch neben dem Bergsteigen gab und gibt es eine weitere Leidenschaft, das ist das südliche Afrika mit seinen einzelnen Ländern. Als Beobachter der Tierwelt hinter meiner Kamera zieht es mich in der Urlaubszeit immer wieder dorthin zurück. Schilderungen und Bilder finden sich in Fotobüchern und weitere werden noch entstehen."

9. Welcher war Ihr allererster Berggipfel? Wann war das?

"Meine Statistik nennt als ersten Gipfel die Rotwand (1886 m) im Spitzinggebiet, an deren Fuß sich das Rotwandhaus befindet, das meiner Alpenvereinssektion ,,Turner Alpenkränzchen" (TAK) gehört. Das war 1949, wo alles begann."

Autogramm Ludwig Greissl

 

Vielen herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen!
Thomas Mitterer, Webmaster www.bergfieber.de

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